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Draußen malen II

Gestern war endlich der Frühling da – beste Bedingungen, um zwei Dinge zu verbinden, die beide mit »M« beginnen: Mountainbike und Malen!

Ich hab’ ja das Glück, in einer der schöneren Ecken von Deutschland zu wohnen (falls es einmal nicht regnet!) und wenn man eine Weile hier wohnt, kommt man auch als »Preiß« nicht drum herum, die eine oder andere Berg-Aktivität zu betreiben – sonst könnte man ja auch im Flachland bleiben.

Ich habe also schon vor einigen Jahren ein geländegängiges Radl gekauft (es heißt ja heutzutage nur noch »Bike«) und da so meine Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel, dass es hier völlig normal ist, wenn nach sieben Serpentinen auch noch eine achte kommt. Und dass hier die Radfahrer nicht mit den gefahrenen Kilometern prahlen, sondern mit Höhenmetern (einmal in den vierten Stock sind ca. 10 Höhenmeter).

Ich habe meine Ausrüstung so eingedampft, dass ich alles gut in einen Rucksack bekomme. Einzig das Papier geht nicht rein. Dazu habe ich mir eine Stoffmappe besorgt und diese bei der Änderungsschneiderei meines Vertrauens so umnähen lassen, dass ich sie mit zwei Tragegurten noch über den Rucksack wuchten kann. Sieht irgendwie nach Batman aus, funktioniert aber…

Lustig sind die Gesichter der Menschen, die mir entgegenkommen. Ich bin gekleidet wie ein Mountainbiker, komme auch mit einem solchen daher. Rucksack ist auch normal, aber das Ding darüber? In den Gesichtern steht immer die gleiche Frage geschrieben: Was macht der Typ da bloß?

Jetzt noch die Checkliste abarbeiten (hab ich mir mal angelegt, es ist nichts blöder als auf halber Strecke zu merken, dass man keine Pinsel dabei hat – jaja, ist schon passiert, lacht alle!)

Habe kein festes Ziel, aber so eine grobe Richtung. Es geht erstmal Richtung Schliersee und dann rechts hoch. Kurz noch anhalten und die Sachen auf dem Buckel richtig festschnallen, dann kommt ein kleiner Gang und nach kurzer Zeit rinnt nicht nur der Bach am Wegesrand, sondern auch der Schweiß. Aber so muss das ja auch sein, das Schöne am Radfahren ist ja, dass man an Plätze kommt, die man mit dem Auto nicht erreichen kann. Aus eigener Kraft

Aufi geht’s

Puh, mit sechs Kilo Übergewicht ist das schon eine Herausforderung. Jedes Gramm macht sich bemerkbar, das muss man schon bei der Zusammenstellung der Ausrüstung bedenken.

So mache ich mal meine ersten 350 Höhenmeter, das ist genug, die Saison fängt ja gerade erst an. Auf knapp 1100 m liegt tatsächlich noch der eine oder andere Schneerest. Hier finde ich auch den Winter, wie er endlich das Weiter sucht…

Hau’ endlich ab!

Es gibt einen kleinen Pass, über den man bis zum Tegernsee kommt. Den fahre ich, es geht ein Stück abwärts und der Blick öffnet sich in Richtung Alpen. Hier gefällt’s mir, und ich suche eine nette Stelle, wo ich meine Sachen aufbauen kann. Ein paar Meter aufwärts, am Waldrand, ja, passt.

Ja, wie sieht denn das Radl schon wieder aus?
Mein Arbeitsplatz

Hocker raus, Skizzenblock, Motivsucher, Stift und dann: schauen. Was könnte denn interessant sein? Das Motiv haut mich erstmal nicht um, aber ich will ja üben und was ich immer noch nicht richtig kapiert habe, sind große Flächen. Die gibt es hier, also lege ich ein einfaches Motiv fest.

Jetzt die Staffelei aufgebaut, das Motiv vorgezeichnet, Wasser, Pinsel, Farbe, los geht’s. Aber… wie nur?

Es ist (zumindest für mich) ein riesiger Unterschied zwischen Malen im Atelier und dem Malen im Freien. Wind, Sonnenstand (jaja, das Licht bewegt sich… die Schatten auch…), Temperatur haben großen Einfluss. Nicht zu vergessen eventuell anwesendes Publikum inklusive Kommentare… Und was so alles passieren kann: einer meiner Klassiker ist, dass das Klebeband von der Trägerplatte abreißt, weil es zu heiß geworden ist. Wind ist auch toll, gerade bei größeren Formaten, hui, und das Bild liegt im Dreck. Je nach Wetterlage ist es schön trocken oder aber das Gegenteil. Jeder, der draußen arbeitet, kann ein Lied davon singen. Der Lohn ist, einfach draußen zu sein und die Landschaft aus erster Hand zu sehen und zu genießen.

Ich versuche also, aber es bleibt beim Versuch. Mit Müh’ und Not fummele ich eine Art Bild aufs Papier, aber es ist weit von einem schönen Ergebnis entfernt. Schade, aber auch das ist normal…

Balancieren geht heute besser als malen…

Ich fotografiere mir das Motiv, damit ich zu Hause nochmal drauf schauen kann und packe, leicht frustriert, meine Sachen wieder zusammen. Zum Schluss stelle ich noch ein Steinmännlein auf. Vielleicht kommt ja noch jemand vorbei…

Weiter, der Weg geht bocksteil abwärts, zum Glück kenne ich mich aus und weiß, was mich erwartet. Auch beim Bremsen macht sich das Übergewicht ziemlich bemerkbar…

Wäre auch als Aquarell schön

Unten angekommen, empfängt mich ein wunderschönes Abendlicht und ich beschließe, noch einen Versuch zu wagen. Habe ja noch ein Papier auf der Rückseite aufgeklebt. Unter einem Baum, schön im Schatten, nochmal ein Motiv mit großen grünen Flächen.

Das gleiche wie oben, auch dieser Versuch geht in die Hose, aber ich bin zum Glück nicht ganz so schlimm gescheitert. Ich gebe auf und packe zusammen, es wird auch schon langsam dunkel und ich habe noch 15 Kilometer zu radeln (und auch noch ein paar Höhenmeter, siehe oben)

Auch auf dem Rückweg – immer nur hochstrampeln…

Auf dem Rückweg bleibe ich noch hier und da stehen, um Motive zu knipsen. Wenn die Sonne tief steht, wirkt die Landschaft traumhaft. Vielleicht kann man das im Atelier mal umsetzen – bis das (endlich) auch mal draußen klappt.

Hier schreit plötzlich ein Mann vom Balkon des Nachbarhauses, ich solle gefälligst fragen, wenn ich fotografiere. Es sind ja eh schon genug Makler ständig hier… Er hat nicht verstanden, dass da ein »k« zu viel ist: Maler, nicht Makler!

Verschwitzt und total kaputt komme ich nach Hause, aber ich habe, trotz der beiden misslungenen Versuche das Gefühl, dass das ein toller Tag war.

Morgen nochmal…

Die Kühe haben auch gleich Feierabend…